
Abt.: ...und Trinken
Bretagne und Bier
Frankreich und Bier, das geht nicht zusammen? Es geht doch. Sehr gut sogar. Ich würde sogar sagen, wir hier in Deutschland können uns da eine Scheibe abschneiden. In Frankreich gibt es nicht nur eine rege Craft Bier Szene. In Frankreich führt auch so manch Supermarkt eine beachtliche Auswahl regionaler und überregionaler Biere. Auf ins Abenteuer...
Was wäre als Auftakt besser geeignet, als der Besuch einer Brauerei als Auftakt? Über die Brasserie Zephyr liest man manch Gutes. Also eine Empfehlung, selbst mal vorbei zu schauen. Auf geht's.
Brasserie Zephyr
Im Brauereiladen haben wir den - weia, mein Französisch - jedenfalls nicht den Brauer angetroffen. Auf Nachfrage hat er uns direkt in die Brauerei gelassen und erklärt, wir dürften uns hier nach belieben bewegen, er könne jedoch nichts erklären. Sind wir also alleine durch das Brauhaus.
Dort steht ein 2000 Liter Maischebottich. Kochbottiche, Wirlpool und Gärtanks. Abfüllstationen für Flaschen und Fässer. Da kriegt der Hobbybrauer Pipi in die Augen. Frage nicht.







Natürlich haben wir uns mit einem Probierpaket eingedeckt. Dazu möchte ich im Folgenden ein paar Zeilen schreiben.
Zephyr - Blanche


Ein leichtes Zitronenaroma kitzelt die Nase. Leicht säuerlich, jedoch fruchtig und recht erfrischend prickelt das Bier über die Zunge.
In der Zutatenliste steht etwas von Baies de Timur. Google Lens macht zielsicher Timur Bällchen daraus. Was zum Henker sind Timur Bällchen? Und was machen die im Bier.
Etwas Recherche bring etwas Klarheit. Es handelt sich um Grapefruitpfeffer. Womit auch die säuerlich fruchtigen Noten geklärt wären.
Dazu gibt es Chips mit Grilled Chorizo Flavour. Vor dem Fenster leuchtet der Leuchtturm.
Zephyr - Hanfbier

Würde es nicht drauf stehen, ich hätte mir bei Duft und Geschmack Rhabarber vorgestellt. Leicht säuerlich eben und ein nicht alltägliches Aroma. Weil aber Hanf drauf steht und entsprechend auch Hanf drin ist, lässt sich der Geschmack dahingehend umdeuten. Aber ganz ehrlich, wollen wir wirklich Rhabarber oder Hanf in unserem Bier haben?
Kommentar meiner Partnerin: Der Geruch ist irgendwo zwischen frisch gemähtem Gras und Käsefüßen. Macht die Augen zu, lasst es wirken, jeder hat seine eigenen Bilder dazu.
Zephyr - Extra Bitter

Wer die Düfte zwischen Großbäckerei und Großbrauerei kennt und gedanklich wirken lässt, bekommt eine Vorstellung von dem, was dieses Bier verströmt. Das ist Sauerteig. Da ist er wieder, der Geschmack, den ich nicht einordnen kann, den ich aber nicht mag. Ganz leicht nur, aber vorhanden. Entsprechend schwierig ist es für mich, das Bier im Weiteren einzuordnen. Es ist sehr malzig. Und ja, es ist bitter. Auf der Zunge, im Abgang und im Nachgang. Nicht spritzig wie beim Pils, dafür lange anhaltend.
Schade, bislang verlief das Tasting zunehmend enttäuschend. Vielleicht wird es bei Zephyr Standards wieder erfreulicher.
Kommen wir jetzt zu etwas ganz anderem
Jetzt aber genug Zephyr. Es gibt schließlich noch andere Brauereien und Biere. Leider war es mir nicht vergönnt weitere Brauereien zu besuchen. Die waren nämlich entweder geschlossen oder aber zu weit ab der Reiseroute. Interessante Biere hingegen gibt es an jeder Ecke. Hier eine kleine Auswahl.
Ch'ti - IPA

Willkommen bei den Ch'tis. Wenn der Willkommensgruß so ausfällt... ich würde mich wohlfühlen.
Wie man es mag, so fährt einem der Hopfen mit Wucht in die Nase. Der Schaum liegt feinporig auf dem Bier. Heissa, muss ich aufpassen, dass ich das Glas nicht mit einem Zug weghaue, so süffig ist das. Feine Zitrusnoten und die 55 bis 60 IBU sind eine Ansage. Sehr schade, dass im Kühlschrank nicht noch ein zweites steht.
Das Bier harmoniert mit Meeresfrüchten sicher genau so gut, wie mit einem saftigen Steak.
Aus den Lautsprechern tönt kräftiger Rock. Vielleicht sogar Ministry.
Prost.
Dremmwel - Blonde

Schaum, das ist nicht die Sache der Bretonischen Biere. Das habe ich schon gemerkt. So fällt auch der Schaum dieses Blonde recht schnell in sich zusammen.
Riechen tut das Bier nach nichts. Nach gar nichts. Da kann ich meinen Rüssel noch so ins Glas hängen. Da gibt es nichts zu erschnuppern.
Auf der Zunge hingegen entfaltet sich ein angenehm erfrischendes Aroma. Nicht besonders ausgeprägt. Nach hinten hinaus vielleicht etwas dünn. Alles in allem doch recht gefällig. Davon gehen auch zwei oder drei. Zum Essen und auch danach.
Letztlich hatte ich sechs verschiedene Biere von Dremmwel und die waren alle gut.
Brasserie Goudale - Bière Blonde

Dem Glas entströmt ein malziges Aroma, dass auf Vollmundigkeit schließen lässt. Das Bier ist sehr klar, für ein Blonde vielleicht einen Tick zu dunkel.
Der erste Schluck bestätigt den ersten Eindruck: Malzig und vollmundig. Mit 7% zählt es nicht zu den leichten Sommerbieren. An einem kühlen und windigen Abend am Atlantik, da funktioniert das jedoch ganz gut.
Dazu Baguette und Camembert. Eventuell Französische Chansons.
Castelain - NEIPA

Ganz klar, Schaum ist hier Nebensache. Selbst mit Schwung ins Glas bleibt nur eine Ahnung. Der Duft hingegen ist vielversprechend. Aromatisch, blumig, da ist Hopfen drin.
Das Bier enttäuscht nicht. Hopfenaromen umperlen die Zunge und steigen in die Nase. Ihr seht mich glücklich und zufrieden.
Ich denke, ich möchte dazu weder was essen, noch von Musik abgelenkt werden. Ich möchte einfach nur geniessen.
Jenlain - Ambrée

Aus dem Glas strömt ein Duft wie frisches Baguette. Der feine Schaum fällt leider schnell in sich zusammen und verbleibt als dünne Schicht, so dass das Bier nicht lack wirkt. Bernsteinfarben ruht das Ambrée im Glas.
Vollmundig mit einer feinen Restsüsse entfaltet sich ein angenehm gefälliges Aroma. Ich würde süffig dazu sagen. Aber gefährlich, denn 7,5% sind kein Pappenstil. Die schmeckt man nicht, merken tut man sie wohl.
Ich denke, das Bier könnte einen amüsanten Begleiter bei einer hitzigen Diskussion abgeben. Dazu ein paar Tapas, damit die Prozente die Diskussion nicht zu schnell abwürgen. Im Hintergrund etwas Bretonisches. Vielleicht von Les Ramoneurs de Menhirs.
...wobei es sich dabei schlecht diskutieren lässt. Egal, höre ich eben Musik.
Delirium Tremens
Abt.: Strong Blonde

Goldgelb läuft das Bier ins Glas. Der Geruch ist etwas seifig und setzt sich geschmacklich etwa so fort.
Der Name sagt ganz klar, es geht hier nicht um Nuancen, nicht um Geschmack, nicht um das Besondere. Es geht um die Quintessenz: Bier, Alkohol, Prall. Mit 8,5% lässt sich das auch gut und in vertretbarer Zeit durchführen. Ein Genussmoment möchte sich nicht einstellen.
Dazu nehme ich gerne Chips, kräftig mit Essig und Salz gewürzt. Gerne lege ich dazu etwas Black Metal auf.
[Delirium]: delirium tremens
Tripel Karmeliet

Bernsteinfarben kommt das Bier aus der Flasche. Poriger Schaum fällt langsam in sich zusammen.
Eine leicht säuerliche Note umspielt die Zungenspitze. Vollmundig und auch im Abgang fein säuerlich. Den Alkohol - immerhin 8,4% - schmeckt man nicht.
Eigenbeschreibung:
Hergestellt in Belgien
Tripel Karmeliet basiert auf einem Rezept aus dem Jahr 1679, das aus drei Getreidesorten hergestellt wird, und offenbart eine großartige Harmonie aus Gerste, Hafer und Weizen, subtile florale Noten und einen überraschend delikaten Geschmack.
Ich würde es als Aperitif vorschlagen. Dazu mittelalterliche Musik mit Drehleier oder Dudelsack.
Zum Abschluss noch etwas besonderes. Kein Bier... einfach nur etwas besonderes.
Goëllan - Cidre IPA

Cidre IPA Gemisch, also eine Art Radler... oder so. Wenn das angeboten wird, dann muss das auch ausprobiert werden.
Tatsächlich ist das ein Cider, der kaltgehopft ist. Zumindest soweit ich das verstanden habe.
Sehr lustig finde ich dazu die Übersetzung von der Hersteller Webseite:
Basierend auf der Trockenhüpftechnik hat Cider langsam mit Hopfen vom Citra-Typ fermentiert, um aromatische Potenz, krautige Noten, Zitrusfrüchte und tropische Früchte zu entwickeln.
Von dem Hopfen im Sinne von Hopfen merkt man nichts. Nicht am Geruch, nicht am Geschmack. Obwohl, doch, eine leichte Note ist zu erschnuppern.
Der Geschmack ist eigen. Ganz klar Cidre. Mit irgendwas nussigem. Vielleicht Hasel, vielleicht Wahlnuss. Etwas bitter.
Fällt wohl unter die Rubrik "Warum? Weil wir es können." Also kann, aber muss nicht.
PS.: Ich muss sagen, ich bin mittlerweile ein Fan von 0,75 Liter Flaschen und dem großen Kelch. Der Kelch bietet viel Oberfläche die den Aromen eine große Bühne bietet, sich voll zu entfalten. 0,75 Liter ist sehr angenehm, weil das Bier nicht schon zu Ende ist, wenn der Durst anfängt.
...und eine Bierflasche mit Champagner Korken hat einfach Stil.