Abt.: Radlrambo
Am Puls der Zeit
Radfahren soll gesund sein, haben sie gesagt. Und gesund sein ist gut, haben sie gesagt. Ich bin auch gerne gesund, das ist nämlich wirklich gut.
Zur Einführung muss ich etwas ausholen. Es gibt Dinge, die möchte man nicht von seinem Arzt gesagt bekommen. Manche, weil die dann richtig blöd sind und manche, von denen man eh schon weiß und das nicht gesagt bekommen möchte. Hier geht es um zweiteres.
Also hat der Arzt gesagt, es gibt jetzt zwei Möglichkeiten. Die eine ist, ich verschreibe ihnen jetzt Tabletten, die werden sie dann die nächsten 40 Jahre nehmen. Wenn sie das hin bekommen, habe ich entgegnet, dann wäre das richtig prima, weil dann bin ich nämlich 97... und was wäre die zweite Option? Die zweite Option ist dann die "von denen man eh schon weiß und das nicht gesagt bekommen möchte": Mehr bewegen solle ich mich, auf das der Wanst vom Körper schmilzt. (Hat er anders ausgedrückt, ich finde aber das Wort Wanst sehr schön).
Und er hat gesagt, die Pflicht haben wir schon geschafft, was jetzt noch kommt, ist die Kür.
Er hat hat mir den Tipp mit auf den Weg gegeben, ein Puls zwischen 120 und 130 alle zwei Tage für wenigstens 20 Minuten wäre ganz prima.
Um das zu schaffen, muss ich alle zwei Tage für wenigstens 20 Minuten auf's Rad und mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 20 km/h irgendwo hin und wieder zurück.
Um das zu schaffen, muss ich die meiste Zeit so 25 bis 30 km/h erreichen. Das ist sportlich, zumal für einen Bürohocker, aber zu schaffen.
Theoretisch. Also unter Laborbedingungen. Auf einem gut ausgebauten Radweg, auf dem ich dahin pesen kann, ohne von Autos oder Ampeln ausgebremst zu werden.
Leider herrschen in der Stadt selten Laborbedingungen. Autos und Ampeln allerorten und gut ausgebaut sind die wenigsten Wege.
Damit komme ich im besten Fall auf eine Spitzengeschwindigkeit von 20, eher weniger, und damit auf einen Durchschnitt von 15 km/h.
Wenn ich dann im hohen Alter unter Blutdruck und Wanst mit allen Folgeerscheinungen wie Herz kaputt, Hirn kaputt leiden werde, wen kann ich dann dafür verantwortlich machen? Also auf Schadensersatz oder Schmerzensgeld verklagen? Die Autofahrer, weil ich wegen denen an der Ampel stehen muss? Oder die Stadt, weil sie kein vernünftiges Verkehrskonzept auf die Straße bringt?
Egal, ich ziehe das jetzt durch, schließlich die Kür die Sahnehaube jeder Biographie.