Abt.: Durch Irland irren

Durch Irland

Den Einstieg in einen Reisebericht zu finden und dabei nicht in Plattitüden à la "wenn einer eine Reise tut" zu verfallen fällt mir zunehmend schwer. Egal, es geht um Irland.

Los geht es damit, dass es beinahe gar nicht los gegangen wäre.

Der Streik

Wenn irgendwo die Piloten streiken, dann denkt man sich gerne, sollen sie, ist ihr gutes Recht. Und gut bezahlt werden sollen sie auch. Und auch das Kabinenpersonal und die Jungs und Mädels auf dem Boden. So denkt man, wenn man selbst nicht betroffen ist.

Wenn man sich jedoch auf seinen Urlaub freut. Wenn man den Flug gebucht, das Hotel reserviert und selbst das erste Pint in der Guinness Brauerei bezahlt hat. Dann sieht man so einen Streik nicht mehr ganz so entspannt. Und wenn dein Flug erst vom Vormittag auf den Abend verlegt wird. Und dann vom Abend auf den nächsten Tag. Dann weißt du, das mit dem Guinness wird nichts und das mit dem Hotel ist auch Essig.

Während du also die ersten Kröten schlucken musst... wird dein Flug ganz abgesagt. Jetzt muss es schnell gehen. Die Flugpreise bei streikarmen Konkurrenzlinien steigen beinahe im Minutentakt. Schnell zugreifen heisst die Devise.

Erst später merkst du, dass dein drei Stundenflug jetzt acht Stunden dauert. Und dass du in den acht Stunden drei Mal umsteigen musst. Das schöne dabei, du hast in Manchester drei Stunden Zeit. Das weniger schöne, die brauchst du auch, weil du zu Fuß und mit Gepäck einmal um den Flughafen rum musst. Und so ein Flughafen ist groß.

Noch später merkst du, dass in den acht Stunden noch Luft drin ist. Denn nicht nur die Deutsche Bahn kann Verspätung, Ryan Air kann das auch. Eine Stunde. Und das ist die Stunde, die du dann zu spät ankommst, um den Bus zu erwischen, für den du das bezahlte Ticket vorsorglich in der Tasche hast.

Unter dem Strich hat der Streik dann um die 200€ und zwei Tage Urlaub gekostet.

Das Flugzeug

Von außen sieht so ein Flugzeug ja recht elegant und majestätisch aus. Von innen ist es mehr ein Überlandbus, der ruckelt und scheppert. Da ist halt nichts elegant oder majestätisch.

Der Führerschein

Man macht sich so seine Gedanken, wenn man gerade drinnen steckt. Zum Beispiel in der Miesere, ein Leihauto abholen zu wollen, seinen Führerschein aber 3000 Kilometer weit in der Schublade wähnt, steckt. Und die Gedanken gehen so: Scheisse!
Und sie gehen so weiter: Verdammte Scheisse!

Es dauert dann ein bisschen, bis sich die Nebel um die Gedanken lösen und das Hirn in rege Hektik verfällt. Während es dem Körper befiehlt, sinnloserweise den Koffer zum achten Mal zu durchwühlen, keimen erste Alternativen auf.
...und verschwinden wieder.

Kann man sich den Führerschein irgendwie zuschicken lassen? Zum Beispiel von Deutschland nach Irland.
Kann man, ja. Dauert drei bis zehn Tage. In zehn Tagen ist man jedoch selbst wieder daheim und braucht den Führerschein da und nicht auf der Post in Kilkenny.

Vielleicht stellt das Konsulat schnell einen Ersatzlappen aus? Doppel Nein. Nein, weil das Konsulat keine Führerscheinstelle ist. Und nein, weil schnell schon mal gar nicht.

Das war es dann auch schon mit den Alternativen.

Und dann kommt die Wut in einem hoch. Auf den Mond können wir fliegen, aber ohne Führerschein bist du verratzt. Und das im Internetzeitalter. Das darf doch nicht wahr sein.

Kommst du in eine Kontrolle, dann gleichen die deine Daten über das Internet ab. Ganz einfach eigentlich. Aber sie brauchen den Lappen, um das Internet zu aktivieren, so scheint es. Einfach den Namen eingeben, das geht nicht. Da streikt das Internet. Leute, echt, das darf doch nicht wahr sein. Da weht ein Hauch von 1870 und Köpenick durch die Amtsstuben.

Jameson Distillery

Habe ich euch schon von dem Whisky Tasting erzählt, dem ich beiwohnen durfte? Nein? Also bitte:

Ein Kollege - damals Chef vom Dienst bei der GQ - hat sich mit einem Whiskey Tasting für ein vorangegangenes Bier Tasting(1) bedankt. Er hat sechs Whiskeys aufgefahren und zu jedem eine Geschichte zu erzählen gewusst. Über Herkunft, Herstellung und Geschmack. Was der Unterschied zwischen Scotch, Single Malt und Blended ist. Wir haben probiert und weiter probiert. Sowohl Geschichten wie auch Destillate sind bei mir auf trockenen, gleichwohl unwissenden Boden gestossen. Ja, ich muss sagen, geschmacklich gibt es einen himmelweiten Unterschied zwischen den echt erdigen, bei denen man meint in gestochenen und über Eichenlohe gedarrten Torf zu beissen und den gefälligen, die zum Rausche geradezu einladen. Doch muss ich zu meiner Schande gestehen, geschmeckt hat mir keiner. Ich kann einfach das Grundaroma nicht ab.

Und last but not least hat er der wissbegierigen Gemeinde einen Old Fashioned hinzelebriert. Mit Angostura, Zeste und großer Geste. Beim zweiten hat er die große Geste sein lassen und die Zelebration fiel reichlich flapsig aus. Beim dritten... sagte er nur "macht das doch selbst, ihr wisst ja jetzt, wie es geht". Das war dann auch der Abend, an dem im Büro geraucht wurde und der nächste Tag ein wenig gedämpft daher kam.

Warum ich das erzähle? Weil wir auf die Jameson Brennerei gestossen sind und mir zu Whiskey nicht recht viel mehr einfällt.

Workday

Might be the neighbourhood of workday and the Jameson Distillery a hint why workday work as it is?
...das aber nur für Eingeweihte.

Look in both ways

...das finde ich allgemein einen recht nützlichen Hinweis. Vor allem für Touristen, die erst noch mit dem Linksverkehr umgehen lernen müssen.

Kilkenny

Für mich war lange Zeit das Kilkenny die Alternative zum Guinness im Irish Pub. Weil mir das Guinness zu speziell war, zu wenig nach Bier schmeckte.
Nach einem ersten Besuch in Irland war für mich Guinness die Alternative für die gängigen Lager Biere und das allgegenwärtige Heineken. Weil die zu wenig nach Bier schmecken.

In Kilkenny wird man gewahr, dass das Kilkenny eigentlich Smithwick's heisst und schon lange nicht mehr in Kilkenny gebraut wird. Gebraut wird das nämlich von Guinness in Dublin.

Jedenfalls stand eine Brauereiführung auf dem Programm. Die Geschichte um Smithwick's ist so interessant und wechselvoll, wie die Geschichte von Irland insgesamt interessant und wechselvoll ist. Die Beschreibung des Brauvorgangs? Der unterscheidet sich nur marginal von einem Brauvorgang im Donnerbräu. Wobei, doch, die machen keine Nachgährung, die pumpen CO2 ins Bier damit es sprutzelt.

Alleinunterhalter

Es gibt Songs, die kenne ich zwar, finde sie aber schwierig. Nein, ich mag sie nicht. Und wenn ich einen Song schon im Original nicht mag, dann wird es durch ein drittklassiges Cover nicht besser. Es wird eher schlimm, sehr schlimm.

Und dann gibt es die Alleinunterhalter, die neben grottigen Coverversionen auch einen ganzen Sack voll peinlicher Sprüche und Anekdoten im Angebot haben. Ich weiß, die müssen auch von was leben. Aber das ist Folter.

Irische Pubs haben oft mehrere Bereiche. Einen zum Essen. Einen zum Saufen. Einen für die Spielautomaten. Einen für die Familienfeste. Und einen... für den Alleinunterhalter. Wenn der Alleinunterhalter aber so laut ist, dass er alle Bereich gleichzeitig und gleichmässig beschallt, dann bleibt nur mehr die Flucht. Und die werden wir nun antreten.

Sullivan's Taproom

Nicht nur Smithwick's weiß in Kilkeny Bier zu brauen. Sullivan's kann das auch. Vielleicht auch besser.

Red Ale, Golden Ale & Stout von Sullivan's. Das kann man machen. Das ist fein.

Öffentlicher Verkehr

Einen Öffentlichen Verkehr gibt es, ist aber schwierig. Zugverbindungen sind sehr Dublin zentriert. Von Dublin aus kommt man nach überall. Von überall kommt man nach Dublin. Von überall kommt man nach überall über Dublin.

Will man von überall nach überall - zum Beispiel von Kilkeny nach Ennis - ohne erst nach Dublin zu müssen, ist man auf den Bus angewiesen. Und da wird es abenteuerlich. Da gibt es zur gleichen Zeit mehrere unterschiedliche Informationen. Ausprobiert habe ich folgende:

  • Aushangfahrplan, der ist von 2017 und kann bestenfalls als Hinweis, ob man sich an der richtigen Haltestelle befindet, verstanden werden.
  • Google Maps hat ein ganz eigenes Verständnis von den kürzesten Verbindungen und verfehlt Dublin nur knapp.
  • Die TfI (Transport for Ireland) App fördert die eindeutig besten Ergebnisse zu Tage. Schade nur, wenn sich die Verbindung, die man gerade nutzt auf einmal nicht mehr anzeigen lässt. So ist schwer auszumachen, wann und wo umgestiegen werden muss - und das muss es ein paar Mal - und ob man eine Chance auf den Anschluss hat.

Die Fahrpläne sind übrigens auf Kante genäht. Minimum 100 km/h über Land und an den Haltestellen keine Aufenthalte. Da weder das eine, noch das andere funktioniert, sind Anschlussverbindungen Glücksspiel.

Dann sitzt man doch wieder im Zug. Weil der fährt, weil der flott ist und weil es sich im Zug doch bequemer reisen lässt, als im Bus. Zumindest wenn man lange Beine hat.

Heineken I

Ich hätte da zwei, drei Fragen zum Heineken Komplex. Ich persönlich halte Heineken für kein besonders leckeres Bier. Und gerade Irland hat ein paar wirklich gute Biere zu bieten, so dass es keinen Grund gibt, die Niederländische Plörre einzuführen.

Warum also schmücken sich auffallend viele Pubs mit Heineken? Gehören Heineken die Pubs, wie das hierzulande oft der Fall ist? Oder trauen die Iren ihren eigenen Bieren nicht über den Weg?

Pubkultur I

Manche Pubs machen mit einer so opulent wie liebevoll gestalteten Fassade auf sich aufmerksam. Man ist geneigt, hier eine Touristenfalle zu vermuten. Begibt man sich ins Innere wird man schnell gewahr, dass es sich um einem Schmelztigel für alles mögliche handelt. Vor allem Einheimische bevölkern das verwinkelte Innenleben. Eine Bar lädt zu Bier und Whiskey. Separees zu vertraulichen Gesprächen. Eine Treppe führt in einen gemütlich gepolsterten ersten Stock mit Blick auf das Treiben unten. In einer Ecke spielen ein paar Buben irische Weisen. Es ist Gälisch zu vernehmen und Irisches Englisch. Darunter mischt sich Dänisch und österreichischer Akzent. Und wir mitten drin.

Dem Barkeeper sind wir wohl mehr als offene und bierinteressierte Gäste, denn als Windjacken bekleidete Touristen aufgefallen. Jedenfalls fand ich mich unversehens in einer munteren Diskussion, wann Lager und wann Stout getrunken werden sollte.

Coors

Auch wenn das Label am Zapfhahn mehr auf ein modernes Erfrischungsgetränk oder kühles Prickelwasser aus dem Coors Gebirge schliessen lässt, handelt es sich tatsächlich um ein gefälliges Lager im unteren Prozentbereich. Beheimatet in Colorado wird Coors in Irland von Heineken in Lizenz gebraut.

Die Ringe des Guinness

Ist euch schon mal aufgefallen, dass der Schaum im Guinnessglas nach jedem Schluck einen Ring hinterlässt? Ich zum Beispiel brauche acht Schluck für ein Pint.

Ihr mögt gar kein Guinness? Banausen.

Ich möchte nicht unerwähnt lassen, dass es in Irland natürlich nicht nur das Stout von Guinness gibt. Murphy's Irish Stout geht auch ganz gut. Ist etwas kantiker als Guinness. Gebraut wird es in Cork und gehört - ihr vermutet es vielleicht - zu Heineken.

Heineken II

Langsam dämmert es mir auch, warum dieses Heineken hier so omnipräsent ist. Weil alles, was nicht bei drei unter die Guinness-Decke geschlüpft ist, ist von Heineken aufgekauft worden.

Kilkenny, respektive Smithwick's ist bei Guinness unter gekommen. Das finde ich sehr schön.

Guinness

Wer jetzt jedoch, so wie ich, dem Irrglauben verfallen ist, Guinness würde dem kleinen Gallischen Dorfe gleich wie ein Hühne dem Strom der kapitalistischen Aufkäufer trotzen, weit gefehlt. Guinness ist bereits 1997 vom Britischen Unternehmen Diageo aufgekauft worden.

...von einem Britischen Unternehmen, ist das nicht ein bisschen eine Schande?

Tangible Internet

Seid froh, dass es noch kein Tangible Internet, also Internet zum Anfassen, gibt. Das folgende Bild würde euch sonst umpusten.

Und dieses hier würde euch zweifellos umhauen. Auch wenn es etwas unspektakulär daher kommt, da war rough sea angesagt.

Bei rough sea gibt es nach etwa 10 Minuten den befreienden Moment, an dem man merkt, man wird nicht Seekrank und kann im Folgenden das Geschaukel geniessen. Wenn nicht... dann muss man sich über kurz oder lang von seinem Mageninhalt trennen. Aber bitte immer mit dem Wind.

(1) Das ist eine andere Geschichte