Ein Gastbeitrag

Don Peach erklärt (Craft) Bier

Um Craft Bier ranken sich viele Sagen. Eine schöner, als die andere. Viele mit einem Körnchen Wahrheit, andere reine Mythen.
Hier ein kleiner Einblick von einem Wissenden.

Was ist (will sein.. könnte sein...will nicht sein) Craftbier?

Aufgekommen ist der Begriff in den USA, wo ein paar Hipster keinen Bock mehr auf die landesübliche Dünnbierplörre hatten und sich ihr eigenes Bier gebraut haben. Inspiriert wurden sie durch einen Blick auf die europäische Biervielfalt (besonders interessant war da natürlich Belgien), nicht nur Porter oder Stout, nahezu alle Sorten waren schon in Europa existent!

Die zeitliche Überschneidung mit einer Revolution in der Hopfenzüchtung bescherte ihnen eine ungekannte Vielfalt an neuen Aromen. Übrigens ist in den USA unter den Craftbieren das gute alte bayrische Helle ein Renner.

Die Nachfrage war so immens, daß innerhalb kürzester Zeit die erste Craft-Brauerei die 5 Millionen Hektoliter pro Jahr erreichte. Daher ist die Definition von Craft-Brauerei in den USA: unter 6 Mio hl/Jahr und mehrheitlich in privater Hand. Damit hätten wir hier fast ausschliesslich Craft-Brauereien.

Rückblick auf die deutsche Vor-Craft-Realität: eine einzige Biersorte (Pils zu 75%) und eine Hand voll Nischensorten nebst ihrer Geschwister, die sich lediglich farblich und im Alkoholgehalt unterschieden. Punkt.

Diese Bankrotterklärung in Sachen Einfallsreichtum wurde einerseits mit dem Reinheitsgebot entschuldigt, andererseits die riesige Biervielfalt bejubelt. Ja, jedes Pils, Helles etc schmeckt je nach Brauerei mehr oder weniger unterschiedlich, das war's dann aber auch schon.

Und daß es nach Reinheitsgebot durchaus möglich ist andere Biersorten zu brauen sehen wir ja heutzutage. „Allenthalben aus Gersten, Hopfen und Wasser“ - das Reinheitsgebot! Hefe war damals noch unbekannt, das Zeug was sich im Bottich abgesetzt hatte wurde auch so genannt: Zeug. Und schneiderseidank später auch um andere Getreidesorten erweitert.

Da gab es dann keine Hungersnöte mehr und der Weizen war nicht nur für die Bäcker reserviert. Heute heisst das „vorläufiges Biergesetz von 1993“ und ist in der Bierverordnung von 2005 verankert.

Und ja, außerhalb Bayerns und Badenwürttembergs darf ins dunkle Weißbier auch Zuckerkulör! Das ist jetzt nicht karamellisierter Zucker, was ja mit Reinheitsgebot sowieso schon nichts zu tun hätte, das ist reinste Chemie! Andererseits dürfen Biere die nicht ausschliesslich mit Gerstenmalz gemacht werden nur mit obergäriger Hefe gebraut werden. Weiß der Teufel, warum.

Fazit: das Aufkommen der Craftbiere hat in Deutschland und anderen Ländern nicht zu einem moralischen Zusammenbruch geführt, sondern zur Gründung hunderter neuer Brauereien und einem enormen Zuwachs der Geschmacksvielfalt.

Da kommt nicht immer was trinkbares dabei raus (ich hab mal Bautzener-Senf-Bier verkostet), vor allem, wenn ungelernte und brauunerfahrene Hipster meinen, eine eigene Garagenbrauerei (Apple läßt grüßen) aufmachen zu müssen, aber der allergrößte Teil der Biere ist durchaus verkostungswert.

Und ich hoffe, die Zeiten sind vorbei, in denen ein Billig-Einheitsbier-Produzent über millionenteure Fernsehwerbung zur Primetime sein Produkt als Königin und Premium verkaufen kann und damit seinen Ausstoss nahezu verzehnfacht.

Sorry, das musste jetzt einfach mal raus!

Don Peach