
Abt.: Trinken und träumen
1. Nano Bierfestival
Wenn sich eine Türe schließt, geht irgendwo ein Fenster auf. Oder war es umgekehrt. Egal, irgendwo raus und irgendwo wieder rein. Unterkriegen lass ich mich nicht! Diesmal: Bier.
Ich bin mal da rein, wo Nano Bierfestival(1) drauf stand. Und ich habe es nicht bereut. Ich bin da natürlich nicht alleine rein. Zusammen als zwei Teams sind wir da rein:
Teams und Bier
Team Gerald & Holger aka Handkatzen Bräu
Gerald und Holger präsentieren die all time Klassiker "U" (Wiener Lager) und "Finsternis" (Dunkles). Wer ihr Schaffen über die Jahre verfolgt hat, wird sicher schon in den Genuss der beiden, wirklich hervorragenden Biere gekommen sein.
Team Alex & Geist aka Münchner Bierkombinat
Die "Summer Breeze", ein Helles Kellerbier, kongenial und routiniert von der Alex in Szene gesetzt, kann ebenfalls zu den Klassikern gezählt werden. Neu und voller Überraschungen hingegen die kreativ Kreation "Melonaut Pils" vom Geist.

Das Festival
Dann waren da noch ganz viele andere Teams. Und Gäste auch, ganz viele. Und ganz unterschiedliche. Also Gäste und Teams.
Balkonbrauer, Terrassenbrauer, Kellerbrauer, Küchenbrauer. Brauer, die im Schnellkochtopf brauen. Welche, die den Speidel Vollautomaten nutzen. Welche, die mit 100 Litern anrückten und welche, die nur 10 Liter dabei hatten. Und wir mitten drin.
Gewohnt chaotisch gingen wir ins Rennen. Von den acht Fässern, die wir vorgesehen hatten, waren nur sechs nutzbar. Von den vier Zapfanlagen haben wir nur zwei bekommen. Ein Hahn ist regelmäßig eingefroren. Aber ganz ehrlich, wenn alles perfekt läuft, das ist doch nichts.

Was hingegen perfekt gelaufen ist, das war die Organisation. Dafür auch hier noch mal ein großes Dankeschön an Robert Prinz und die eifrig fleißigen Leute vom Verein zur Erhaltung der bayrischen Brau- und Biertradition e.V.(2)
Jedes Brauteam hatte Biertisch und Bank. Ausreichend Strom. Und wer sein Logo oder Etikett frühzeitig eingereicht hat, fand auch eine Hand voll Bierfilzel vor.

Bierlachen und Scherben verschwanden wie von Geisterhand. Gläser wurden von freundlichen Menschen gespült und auf Wunsch auch mit Mineralwasser gefüllt.
Warum ich das mit dem Mineralwasser erwähne? Nun, die Veranstaltung ist um 10:00 Uhr morgens los gegangen und sollte bis 10 am Abend gehen. Wer nun bereits in der Früh mit Bier anfängt und das stramm durchzieht, der bekommt von der Veranstaltung nicht viel mit. Immerhin gab es um die 20 Biere zu probieren. Da möchte man schon Pausen einplanen, um jedem Probierschluck die notwendige Aufmerksamkeit zukommen zu lassen.
Letztlich habe ich an diesem Tag wohl mehr Wasser als Bier getrunken und war zum Ende hin erstaunlich nüchtern.
Zur Jury
11 Juroren - allesamt renommierte Biersommeliere - haben sich durch die Wettbewerbsbiere getestet. Da mussten sie bei manchen ihren Mut zusammen nehmen, bei anderen wird es ihnen Freude und Gaumen Gaudium gewesen sein.
Meine vergleichsweise ungeschulte Zunge hat wenigstens ein untrinkbares und ein oder zwei bereits ins Saure umschlagende Biere ausgemacht.
Die Juroren blieben wacker, ließen sich nichts anmerken und kamen letztlich mit unbewegter Miene zu einem Ergebnis. Da wir uns sicher waren, mit unseren vier Bieren unter die ersten drei zu kommen, war das Votum der Profis entsprechend ernüchternd. Keiner unserer Sude kam in die engere Wahl.

Bezeichnend hingegen war, dass einige der Someliere nach getaner Arbeit auf unseren Stand zusteuerten und nach unseren Bieren verlangten. Ich sage mal so, natürlich sind unsere Biere saugeil, jedoch entsprechen sie nicht den Bierstil Gesetzen.
Ich kann mir das bildlich vorstellen, wie ein Juror vor dem Melonaut Pils sitzt: Farbe, ja, passt zum Pils. Duft, ganz prima pilsig. Der erste Schluck... vorne an der Zunge, ja klar, ein prima Pils. Das Bier bekommt volle Punktzahl. Dann läuft das Bier am Gaumen vorbei, die Kehle hinab und entfaltet dabei sein volles, fruchtiges Melonenaroma. Und während der Juror verzückt mit der Zunge schnalzt, streicht er alle Punkte wieder. Pils und Melone, das geht gar nicht.
Liebend gerne würde ich die so entstandenen Aufzeichnungen einsehen. Aber da lassen sich die Profis nicht in die Karten blicken.
Der Fachmann
Was für den Punk Rock Bassisten Les Claypool, das ist dem Craft Bier Brauer Olli Wesseloh. Sei Wort ist Offenbarung, sein Rat Gesetz.
Jetzt kannte ich den gar nicht und konnte die mir zu teil gewordene Ehre nicht so recht würdigen. Erst musste ich ihn vertrösten, er könne erst einen Schluck haben, wenn alle Juroren mit Probierproben versorgt seien. Artig hat er gewartet, sein Bier bekommen und eine Augenbraue hoch gezogen (letzteres möchte ich nicht beschwören, würde aber zur Situation passen).
Wie viele andere Gäste, interessierte er sich für Schüttung und Hopfengabe. Meinte, etwas mehr Karbonisierung, also Sprutzel, bissi mehr bitter, etwas dezenteres Aroma. Zumindest beim Sprutzel bin ich ganz bei ihm. Mehr Bitter auch gerne. In Sachen Aroma, nun, da sprechen die Stimmen der Gäste und mein Gaumen eine andere Sprache. Fruchtiges Pils, das klingt nach Exotik, nach Abenteuer. Da ist mir was besonderes gelungen. Das gebe ich nicht so einfach her, nur weil es nicht den Regeln entspricht.
Denn um Regeln geht es, wenn etwas prämiert werden soll. Ohne Regeln geht das nicht. Aber Regeln waren noch nie mein Ding.
Das gilt auf die eine oder andere Weise für alle unsere Biere. Sie entsprechen nicht genau den Vorgaben der European Beer Star 2025 - Kategoriebeschreibungen(3). Das Dunkle ist zu dunkel. Das Wiener Lager zu, ähm, wird gar nicht erst aufgeführt. Das Kellerbier zu karamellig. Aber was soll ich sagen, letztlich zählt für uns nicht die Definition, sondern die Drinkabillity. Und die ist gegeben. Die wurde vom Publikum bestätigt. Immer wieder kamen Gäste an unseren Stand, denen dieses oder jenes unserer Biere empfohlen worden ist. Das ist die Goldmedaille für uns.
Die Prämierung
Aber zurück zur Prämierung. Ich kann mich nicht an alle Biere erinnern, die ich probiert habe und auch nicht an alle dazu gehörigen Brauer. Aber ich kann sagen, auf den ersten Platz haben sie ein IPA gewählt, das es verdient hat, auf den ersten Platz zu kommen. Das muss ich neidlos anerkennen. Denn an das Bier kann ich mich erinnern. Ein Grünhopfen West Coast IPA von Brauvogel(4) mit dem klingenden Namen "Hopfenkeiler". Das hat Wumms, das hat Hopfen und das hat Aroma. Mit einem Wort: Das ist geil. Hut ab und Gratulation.

Wir sehen uns nächstes Jahr wieder.
PS.: Weil ich immer wieder gefragt werden, wie sich denn dieses Bier von jenem unterscheidet - kein Thema, ich versuche das auch zukünftig nach bestem Wissen und Gewissen zu erklären - diese Kategoriebeschreibungen von European Beer Star 2025 sind da ein guter Anhaltspunkt.
(1)1. Nano Bierfesival
(2)Verein zur Erhaltung der bayrischen Brau- und Biertradition e.V.
(3) [European Beer Star 2025]: Kategoriebeschreibungen
(4) [Hopfenkeiler]: Brauvogel